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Jahrmarktbesuch wie anno dazumal

Clowns RigoL und tOrF zaubern nostalgische Atmosphäre ins Holzkirchener Fools Theater

Von Johanna Wieshammer

Holzkirchen - "Wer hat noch nicht, wer will noch mal?" schnurrt der Herr im grauen Frack ins Mikrofon wie ein Schausteller am Oktoberfest. "Kommen Sie näher, fahren Sie mit, schnallen Sie sich an". Und dann lassen die beiden Clowns RigoL (Emmeran Heringer) und tOrF (Stefan Pillokat) die feinsinnige Harlekinerie von anno dazumal aufleben.

"Werfen Sie einen Blick in unser Abnormitäten-Kabinett!", laden sie ein. Im von Teelichtern beleuchteten Fools Theater von Holzkirchen verbreitet sich nostalgische Jahrmarkts-Atmosphäre, die die zahlreichen Zuschauer schon nach wenigen Minuten absorbiert. Mit sichtlichem Vergnügen springt das Publikum auf, und das Karussell beginnt sich zu drehen. Der Duft von gebrannten Mandeln und Zuckerwatte scheint ziemlich wahrnehmbar in der Luft zu liegen.

"Gestatten: RigoL. Den Herrn tOrF werde ich hier sogleich ordentlich reinlegen!", stellt der Clown im Frack sich und seinen spitzbübischen Kollegen im gestelzten Hochdeutsch der 30er Jahre samt passendem Gesichtsausdruck vor. In den folgenden neun ideenreichen Stücken tasten sie sich mit kindlichem Esprit und Charme in die Sprache von Klängen, Pantomime und Artistik vor. tOrF quetscht sich quasselnd durch die Stuhlreihen und lässt die Zuschauer hautnah miterleben, wie er zum ersten Mal an diesem Abend vom RigoL ins Fettnäpfchen gelotst wird.

Wer die typische Clownerie nicht mag, die in dümmliche Sprüche und Tortenschlachten zwischen Rotnasen abrutscht, kommt auf seine Kosten. Über allem schwebt eine nostalgische Schlichtheit. Einfache Mittel entfalten Poesie. Liebevoll werden die leisen Töne zelebriert und die Zuschauer sensibilisiert für die Ausdruckskraft des Körpers und das fantasieanregende des bloßen Andeutens.

So können die Absolventen der Schule für Clowns in Mainz den Spannungsbogen aufrecht - und die Zuschauer mit gespielter Improvisation bei der Stange halten. "You wanna see a typical irish dance? Are you ready?" Aufforderndes Klatschen und "Yes"-Rufe aus dem Publikum bestärken tOrF darin, einen alles andere als typisch irischen Tanz hinzulegen.

Während der Pause schallt - wie auch während des gesamten Programms - Musik der 30er Jahre aus den Boxen. Gerade sind die Zuschauer wieder auf ihren Plätzen, da kommt noch ein seltsamer Zeitgenosse aus dem Foyer in den Raum. In albernem Indisch-Englisch plappert er dahin, kokettiert mit den Damen in der ersten Reihe. Vier Zuschauer werden auf die Bühne geholt, und spätestens hier verschwimmen die Grenzen zwischen Publikum und Clowns, und die Zirkuswelt verschluckt die Realität.

Auf der Klaviatur ihrer Kunst spielen RigoL und tOrF alle Tricks aus. "Es geht weiter mit Musik", verkündet RigoL, und sein Kollege reicht ihm die Klarinette. Gleich danach pfeifen sie sich "What a wonderful world", dann "Biene Maja" zu, reihen diverse Stücke zu einem kleinen inhaltlich schlüssigen Drama.

Ab und an reden Kinder aus dem Publikum den Clowns eifrig dazwischen, und auch die Erwachsenen amüsieren sich hörbar prächtig. "Schlafen Sie gut, Herr RigoL", sagt tOrF. "Schlafen Sie auch gut, tOrF", antwortet RigoL. In Bademäntel gehüllt entlassen sie das Publikum aus ihrem ganz eigenen Kosmos mit "Gute Nacht, danke fürs Kommen. Und gehen."

(Münchner Merkur/Holzkirchen, 9.10.2007)


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